Sabine Thiesler - Der Kindersammler  

Sonntag, 7. Dezember 2008


Ein Arbeitskollege hat mir dieses Buch empfohlen und ich hab es irgendwann mal im Karstadt gekauft, als es in den aktuellen Top 20 der Bestsellerliste war, wo es glaube ich auch noch immer herumgeistert.
Lange lag es in meiner Bücherecke, da mich die vielen Seiten abgeschreckt haben.
Aber ich sag nur 1,5 Tage ...
*~*~*Die Optik*~*~*
Auf dem Cover ist eine Wiese etwas verschwommen zu erkennen.
Im Vordergrund sieht man einen Teil von einem Baum und ein Schaukel an einem der Äste.
Darüber dann die irgendwie unheimliche Schrift.
Das Ganze ist nichts Besonderes, aber passt irgendwie zum Inhalt des Buches, denn mit der leeren Schaukel verbindet man direkt die verschollenen Kinder, die zuvor geschaukelt haben.
Könnte aber genauso das Cover für einen Roman sein.
Gefällt mir nicht sonderlich.

*~*~*Der Preis und Umfang*~*~*
Gekostet hat das Buch mit seinen 526 Seiten 8,95€.
Es handelt sich hier um eine Taschenbuchausgabe erstanden im Karstadt.
ISBN-10: 3-453-02454-0
Das Buch ist in 2 Teile eingeteilt.
Der erste Teil „Alfred“ hat 28 Kapitel.
Der zweite Teil „Enrico“ hat 69 Kapitel, welche von unterschiedlicher Länge sind.
Das geht von 1 Seite bis hin zu 10 Seiten.
Aber es lässt sich sehr angenehm lesen und die Kapitel sind nicht zu nervig lang.
Wieder mal was für mich.

*~*~*Die Autorin*~*~*
Sabine Thiesler, geboren und aufgewachsen in Berlin, studierte Germanistik und Theaterwissenschaften.
Sie arbeitete einige Jahre als Schauspielerin im Fernsehen und auf der Bühne und war Ensemblemitglied der Berliner „Stachelschweine“.
Außerdem schrieb sie erfolgreich Theaterstücke und zahlreiche Drehbücher fürs Fernsehen (u.a. „Das Haus am Watt“, „Der Mörder und sein Kind“ und mehrere Folgen für die Reihen „Tatort“ und „Polizeiruf 110“).
Der Kindersammler ist der erste Roman der Autorin.
(Informationen aus dem Buch selber)

*~*~*Weitere Romane der Autorin*~*~*
Da war ihr Zimmer noch lila (1982)
Das Lebkuchenherz (1983)

*~*~*Kurzinhalt Buchrücken*~*~*
Er hat die Ausstrahlung eines Engels und ist der leibhaftige Teufel.
Anne und ihr Mann Harald erleben en Albtraum aller Eltern: Währen eines Toskana-Urlaubs verschwindet ihr Kind spurlos.
Die Suche der Polizei verläuft ergebnislos, und sie müssen ohne ihren Sohn Felix nach Hause fahren.
Zehn Jahre später kehrt Anne an den Ort des Geschehens zurück, um herauszufinden, was damals passiert ist.
Sie ahnt nicht, wie nah sie dem Täter kommt – und er ihr.

*~*~*Inhalt*~*~*
Welche Eltern tun das nicht ...
Sie reden ihren Kindern ein: Gehe nie mit einem fremden Mann mit.
Steige nie in fremde Autos.
Glaube nicht, wenn Erwachsene dir ihre Hasen oder Hamster zeigen wollen.
Geh weg, wenn dich Fremde nach dem Weg fragen.
Und dennoch kommt es immer wieder zu Kindesentführung und nicht selten durch Kindermissbrauch.
So auch in diesem Fall.
Benjamin lebt bei seiner an MS erkrankten Mutter und seinem Vater, der gerne mal einen über den Durst trinkt.
Wie jeden Tag geht er in die Schule, kommt aber an diesem Tag nicht wieder zurück
Seine Eltern vermissen ihn bereits am Nachmittag und schalten am Abend eine Anzeige bei der Polizei.
Aber Benjamin soll nie wieder in die Wohnung der Eltern zurückkehren.
Der kleine blonde Junge hat an diesem Tag die Schule geschwänzt und Alfred kennengelernt.
Alfred ist einer der fremden Männer, hat jedoch innerhalb von Minuten das Vertrauen von dem kleinen Jungen und verschleppt ihn in eine Laube einer Siedlung, um dort die Meerschweinchen seiner Tante zu füttern.
Böse Falle, welche der Junge mit seinem Leben bezahlen muss.
Doch es bleibt nicht bei Benjamin.
Alfred schlägt mehrmals zu und sucht sich seine Opfer aus ganz Deutschland.
Seine Vorliebe: kleine, zarte, blonden Jungen zwischen 9 und 11 Jahren.
Alfred geht dermaßen geschickt vor, dass die Polizei über Jahre im Dunklen tappt.
Mareike Koswig nimmt sich als Ermittlerin der Sache an, aber sie verliert den Faden.
Der Kindermörder scheint nach Jahren vom Erdboden verschwunden.
Doch nicht nur in Deutschland mussten kleine Jungen ihr Leben lassen.
Kurz nach Ende der deutschen Mordserien verschwinden in Italien in einem gewissen Gebiet 3 blonde kleine Jungen.
Davon ahnt Mareike zu der Zeit nichts.
Anne, eine Mutter eines der verschwundenen Kinder, kehrt nach 10 Jahren in die Toskana zurück, um Antworten auf ihre Fragen zu finden.
Sie geht nicht mehr davon aus, dass ihr kleiner Felix noch lebt, aber sie muss wissen was geschehen ist.
Sie kauft sich ein Haus und freundet sich mit dem alten Besitzer Enrico an.
Doch Enrico hat ein dunkles Geheimnis.

Was haben Enrico und Alfred gemeinsam?
Findet Anne ihren Sohn?
Kann Mareike nach Jahren den Kindermörder finden?
Müssen noch mehr kleine Jungen ihr Leben lassen?
Lest selbst ...

*~*~*Leseprobe*~*~*
„Bitte, bitte, bitte, bitte lieber Gott, mach, das ein Wunder geschieht, betete Benjamin, dass mein Papa mich findet und dass er kommt und mich hier rausholt.
Bitte, mach, dass er mir hilft.
Bitte, bitte, bitte lieber Gott.

Benny lag – mit zerrissenen Tischdecken an Händen und Füssen gefesselt – auf dem Bett, die Arme und Beine gespreizt und die Fesseln an den hölzernen Füßen des Bettes verknotet.
Sein Mund war mit einem Küchenhandtuch geknebelt.
Er konnte nicht schreien und bekam nur sehr schlecht Luft.
Außerdem waren seine Augen mit einem weiteren Küchenhandtuch verbunden, sodass er nicht sehen konnte, was um ihn geschah.
Er lag auf dem Rücken, und sein nackter Körper war mit einer kratzigen, karierten Decke zugedeckt, die Alfred ebenfalls in der Kommode gefunden hatte.
Das, was sich Benjamin so sehnlichst gewünscht hatte, war eingetreten, denn der böse Mann hatte für eine Weile die Laube verlassen, um sich weiteren Alkohol zu organisieren.
Aber Benny konnte nicht weg.
Er hatte keine Chance die Fesseln zu lösen.

Bitte, bitte lieber Gott hilf mir!
Ich will auch keine Katze mehr.
Ich trage jeden Tag den Mülleimer runter.
Ein ganzes Jahr lang jeden Tag.
Ich mache was du willst.
Bitte, bitte lieber Gott, du hast doch bestimmt eine Idee, du findest einen Ausweg!
Oder wenn nicht, dann mach, dass ich tot bin.
Aber der böse Mann darf nicht wiederkommen, bitte, bitte lieber Gott ...!“
(Kapitel 7, S. 55)

*~*~*Mein Fazit*~*~*
Schlimm, dass es sich hier nicht um eine erfundene Geschichte handelt, sondern um den Alltag in der Welt.
Meine Eltern haben mir früher so viele Bücher gekauft, in welchen das Thema Kindesentführung behandelt wurde, um haben mir o.g. Sätze immer eingetrichtert.
Das tun alle Eltern, und dennoch verschwinden so viel Kinder, teilweise durch Naivität.

Die Autorin setzt die Problematik in diesem Buch wunderbar um.
Realistisch und erschütternd, aber es öffnet einem mal wieder die Augen.
Wie leicht ist es doch, ein Kind zu entführen.
Würden wir hellhörig werden, wenn wir einen fremden Mann mit einem Kind an der Hand sehen?
Nein.
Es ist bestimmt der Opa mit seinem Enkel werden wir uns denken.
Dabei kann es der böse Mann mit seinem Opfer auf dem Weg zu den nicht vorhandenen Hasen sein.
Die Kinder wissen in dem Moment nicht, was sie tun und was ihnen blüht.
Und sie sind noch so klein, um alles zu verstehen.
Es gab einen Satz im Buch, der mich wirklich schockiert hat.
Ein kleiner Junge liegt gefesselt auf einem Bett und denkt sich: „Bitte lass den bösen Doktor nicht wiederkommen und die Schlange in meinen Po stecken, die meinen Bauch auffrisst.“
Das ist so erschreckend ... die Kinder sind so klein und unwissend, dass sie die ganze Situation nicht verstehen, und da liegt es an uns Erwachsenen.
Nicht wegschauen ...
Nicht denken: Da wird schon nichts Schlimmes passieren.
Dieses Buch hat solche Gedanken in mir hochgewühlt und man wird sich seiner Verantwortung wieder bewusst.
Sabine Thiesler schafft es einem mit diesem erschütternden Buch zu fesseln.
Fast jedes Kapitel wird mit einem Zeitsprung verbunden, was anfangs sehr nervig ist, aber sich schnell als unkompliziert rausstellt.
Es ist eine tolle Methode um viel Hintergrundwissen von verschiedenen Personen gleichzeitig zu übermitteln.
Ist aber wie gesagt sehr gewöhnungsbedürftig.
Auch die zwei Teile „Alfred“ und „Enrico“ sind sehr gut getrennt und doch verbunden.
Was mir hier allerdings nicht gefällt ... ich mag keine Bücher, in denen von Anfang an die Mörder bekannt sind.
Das nimmt dann doch etwas die Spannung.
Das Thema wird hier sehr gut behandelt und mit einem spannenden Krimi verbunden.
Das wird unterstützt durch den Schreibstil der Autorin.
Ich hatte das Buch durch diese Kombination nach 1,5 Tagen durch, obwohl mich diese über 500 Seiten anfangs total abgeschreckt haben.
Einen kleinen Abzug gebe ich aber, da in der Mitte des Buch es etwas viel Gelaber ist.
Bzw. es passiert nicht wirklich viel, was für mich als Leser relevant ist.
Aber das ist erträglich.

Ich spreche euch auf jeden Fall meine Empfehlung aus und hoffe, dass einige dieses Buch zum Anlass nehmen, sich mal wieder mehr Gedanken über solche Themen zu machen und sich mit den Kindern mehr darüber zu unterhalten.
Man denkt immer, dass trifft einen selber sowieso nie, aber das ist alles traurigerweise realistischer als man denkt und kann ein Schicksal für jeden werden.
Und wer nimmt schon gerne die Verantwortung solcher Schicksal auf sich, wenn man es hätte vermeiden können.
Allerdings bekommt dieses Buch nur 4 Sterne von mir, denn es wurde mir wie gesagt stellenweise ein wenig langweilig und das Rätseln nach dem Mörder entfällt.

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